September 16. 2021

Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für von der Hochwasserkatastrophe betroffene Unternehmen - ein zahnloser Tiger

Share

Mit dem Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen Starkregenfällen und Hochwassern im Juli 2021, welches Teil des Aufbauhilfegesetzes 2021 ist, haben Bundestag und Bundesrat rückwirkend zum 10. Juli 2021 eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht beschlossen. Die letzte Konsequenz dieser Regelungen, insbesondere Vermutungen zu Gunsten der betroffenen Unternehmen oder Schutzvorschriften zu Gunsten der handelnden Geschäftsführer fehlen indes.

Unternehmen, deren Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf den Auswirkungen der Starkregenfälle oder des Hochwassers im Juli dieses Jahres beruht, sind hiernach von der Pflicht Insolvenzantrag zu stellen ausgenommen, solange sie ernsthafte Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen führen und eine begründete Aussicht auf Sanierung besteht.

Anders als die in Teilen noch bis 31. April dieses Jahres gültige Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Unternehmen, die infolge der COVID-19 Pandemie insolvent geworden waren oder sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befanden, sieht dieses Gesetz keine Vermutungen zu Gunsten der betroffenen Unternehmen vor. Entsprechend müssen Unternehmen, die sich auf diese Regelung berufen möchten, nicht nur nachweisen können, dass der Insolvenzgrund auf den Auswirkungen der Starkregenfälle oder des Hochwassers beruht, sondern auch, dass ernsthafte Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen geführt werden und eine begründete Aussicht auf Sanierung besteht. Gerade letzteres wird häufig schwierig zu beurteilen sein, so dass betroffenen Unternehmen zu empfehlen ist, sich eine entsprechende Bestätigung der jeweiligen Verhandlungspartner zu beschaffen und darüber hinaus überzeugend darlegen zu können, dass die zu erwartende finanzielle Unterstützung für eine Sanierung ausreichen wird. Andernfalls dürfte im Zweifel besser ein Insolvenzantrag zu stellen sein.

Leider hat es der Gesetzgeber auch versäumt, die Folgen der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zu regeln. Hatte der Gesetzgeber im Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz noch ausdrücklich geregelt, dass mit Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zu Gunsten der Geschäftsführer vermutet wird, dass sämtliche Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen, mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmanns vereinbar sind und es damit Geschäftsführern ermöglicht, Zahlungen vorzunehmen, ohne der Gefahr einer persönlichen Haftung ausgesetzt zu sein, fehlt eine solche Regelung hier. In der Konsequenz sind Geschäftsführer von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Unternehmen daher gut beraten, keine Zahlungen mehr vorzunehmen, um eine solche Haftung im späteren Insolvenzverfahren zu vermeiden.

Die Insolvenzantragspflicht ist zunächst bis zum 31. Dezember 2021 ausgesetzt. Das Gesetz sieht aber bereits eine Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vor, nachdem eine Verlängerung bis zum 31. April 2022 möglich ist.

Insgesamt dürfte das Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen Starkregenfällen und Hochwassern im Juli 2021 – bei aller guten Absicht – nur bedingt die beabsichtigte Schutzwirkung für die Unternehmen und deren Geschäftsführung erreichen. Insoweit wäre zu wünschen gewesen, dass sich der Gesetzgeber stärker an der COVID-19 Gesetzgebung orientiert hätte.

verwandte Beratungsfelder und Industrien

Beratungsfelder

Stay Up To Date With Our Insights

See how we use a multidisciplinary, integrated approach to meet our clients' needs.
Subscribe